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Unterlassene MD-Prüfung bei strittiger Kodierung einer Corona-Infektion

 

Unterlassene MD-Prüfung bei strittiger Kodierung einer Corona-Infektion

Das BfArM hat sich bereits wiederholt zur Frage geäußert, wie eine Corona-Infektion korrekt zu kodieren ist. Zudem hat zwischenzeitlich der Schlichtungsausschluss nach § 19 KHG mit Beschluss vom 09.06.2023 zur Frage Stellung genommen, ob B34.2 angegeben werden darf.

Gleichwohl hatte das SG Karlsruhe über einen Fall aus dem Jahre 2021 zu entscheiden, bei welchem die Krankenkasse ohne MD-Überprüfung behauptete, die Kodierung der Hauptdiagnose B34.2 mit U07.1! sei falsch und beglich die Rechnung nicht. Mit Urteil vom 02.08.2023 (AZ: S 9 KR 1428/22) wurde die Krankenkasse antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Das Gericht weist darauf hin, dass der Beschluss des Schlichtungsausschusses vom 09.06.2023 erst Gültigkeit ab dem 01.09.2023 besitze. Außerdem habe der Schlichtungsausschuss klargestellt, dass es sich hier um einen Sonderfall abweichend von DKR D002 handele. Ferner könne das Krankenhaus für sich die Kodierempfehlungen des BfArM in Anspruch nehmen. Die gewählte Kombination sei daher korrekt. Andere Kombinationen wären möglich gewesen. Vor diesem Hintergrund hätte die Krankenkasse den MD beauftragen können. Es habe auch keinen Fall einer offensichtlich fehlerhaften Rechnung vorgelegen. Die Krankenkasse sei nun mit etwaigen Einwänden ausgeschlossen.

Die Entscheidung des SG Karlsruhe unterstreicht, dass Krankenkassen nicht schlicht Rechnungen nicht bezahlen müssen, wenn sie Zweifel an einer ordnungsgemäßen Kodierung haben. Für diese Fälle steht ihnen gerade die Möglichkeit der MD-Überprüfung nach Maßgaben der PrüfvV offen. Unterlässt sie dies, ist sie mit Einwänden ausgeschlossen. Nur wenn die Abrechnung des Krankenhauses offensichtlich falsch ist, mag etwas anderes gelten. Kann aber ein Krankenhaus – wie vorliegend – mehrere Varianten präsentieren, zu deren Überprüfung die Auswertung der Patientenakte erforderlich ist, scheidet der Einwand einer offensichtlich fehlerhaften Kodierung aus.

Für weitere Informationen Dr. Till Flachsbarth

Einzelner off label use bei stationärer Versorgung

Gemäß dem Motto - „ein faules Ei verdirbt den Brei“ - argumentierte eine Krankenkasse in einem vergütungsrechtlichen Streit vor dem SG Heilbronn, ein einzelnes off label eingesetztes Arzneimittel führe zum Entfallen des gesamten Vergütungsanspruchs. Das SG Heilbronn ist mit Urteil vom 20.04.2023 (S 5 KR 2521/20) dieser Argumentation nicht gefolgt. Das Gericht stellt zunächst fest, dass ein unzulässiger off label use im Sinne der Rechtsprechung des BSG erfolgt sei, insbesondere weil es sich nicht um eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung gehandelt habe. Da der Patient jedoch nicht zur Behandlung just mit diesem Medikament aufgenommen worden sei, dieses ferner nicht Voraussetzung für den verschlüsselten OPS war und auch kein Zusatzentgelt auslöse, habe der off label use nicht das Entfallen des Vergütungsanspruchs zur Folge. Insbesondere stelle die Leistung keinen Verstoß gegen das Qualitätsgebot dar, da das eingesetzte Arzneimittel weder den Schwerpunkt noch einen unverzichtbaren Bestandteil der multimodalen Behandlung dargestellt habe.

In Ergänzung zu den zutreffenden Ausführungen des SG Heilbronn ist darauf hinzuweisen, dass pharmazeutische Hersteller häufig bei seit langem etablierten Medikamenten, bei denen der Patentschutz abgelaufen ist, wohl aus Kostengründen kein aufwendiges Zulassungsverfahren bzw. Zulassungserweiterungsverfahren durchführen. Wenn in einer solchen Konstellation Arzneimittel off label eingesetzt werden, wobei der Einsatz allgemein anerkannt ist, kann dies aus unserer Sicht nicht zum Entfallen eines Vergütungsanspruchs führen. Die strikte Anwendung der primär für den ambulanten Bereich entwickelten Rechtsprechung des BSG zum off label use, die an die arzneimittelrechtliche Zulassung anknüpft, ohne zu fragen, ob der off label use allgemein anerkannt ist, kann in solchen Konstellationen nicht überzeugen.

Ist die DRG korrekt?

Aufgrund der bekannten Rechtsprechung des BSG zur Präklusion nach § 7 PrüfvV 2014, 2016 wird häufig von Krankenkassen vorgerichtlich wie auch im gerichtlichen Verfahren eingewandt, das Krankenhaus sei in einem Abrechnungsstreit mit Unterlagen/Informationen zu vom MD beanstandeten, aber nicht ausdrücklich angefragten Prozeduren und Diagnosen ausgeschlossen. Kassenseitig wird häufig argumentiert, die Frage, „Ist die DRG korrekt“ stelle an den MD den Auftrag zur Vollprüfung dar. Weder die Krankenkasse noch der MD müssten daher eine Erweiterung des Prüfauftrages nach § 6 PrüfvV 2014, 2016 anzeigen. Die Präklusionswirkung nach § 7 PrüfvV 2014, 2016 umfasse daher alle vom MD beanstandeten ICD und OPS.

Das LSG Baden-Württemberg hat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss die Berufung einer Krankenkasse in einem entsprechenden Fall zurückgewiesen und klargestellt, dass die Frage nach der DRG keine Vollprüfung sei. Werde nach der Frage, ob die DRG korrekt sei, eine weitere Frage gestellt, nämlich ob eine konkret benannte Nebendiagnose zu Recht verschlüsselt wurde, sei der Prüfauftrag beschränkt auf diese Nebendiagnose. Das Krankenhaus sei im entschiedenen Fall nur verpflichtet gewesen, die mit der angefragten Nebendiagnose korrespondierenden Unterlagen vorzulegen. Weitere Unterlagen, die sich auf andere vom MD beanstandete Diagnosen beziehen würden, hätten vom Krankenhaus dem MD nicht vorgelegt werden müssen. Folglich könne auch keine Präklusion eingetreten sein. Der Argumentation des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 26.04.2023 – L 5 KR 872/21 -) ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Entscheidung schafft Klarheit, wie die Frage „Ist die DRG korrekt“ bei Nennung einzelner ICD und OPS zu verstehen ist.