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Einzelner off label use bei stationärer Versorgung

Gemäß dem Motto - „ein faules Ei verdirbt den Brei“ - argumentierte eine Krankenkasse in einem vergütungsrechtlichen Streit vor dem SG Heilbronn, ein einzelnes off label eingesetztes Arzneimittel führe zum Entfallen des gesamten Vergütungsanspruchs. Das SG Heilbronn ist mit Urteil vom 20.04.2023 (S 5 KR 2521/20) dieser Argumentation nicht gefolgt. Das Gericht stellt zunächst fest, dass ein unzulässiger off label use im Sinne der Rechtsprechung des BSG erfolgt sei, insbesondere weil es sich nicht um eine lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung gehandelt habe. Da der Patient jedoch nicht zur Behandlung just mit diesem Medikament aufgenommen worden sei, dieses ferner nicht Voraussetzung für den verschlüsselten OPS war und auch kein Zusatzentgelt auslöse, habe der off label use nicht das Entfallen des Vergütungsanspruchs zur Folge. Insbesondere stelle die Leistung keinen Verstoß gegen das Qualitätsgebot dar, da das eingesetzte Arzneimittel weder den Schwerpunkt noch einen unverzichtbaren Bestandteil der multimodalen Behandlung dargestellt habe.

In Ergänzung zu den zutreffenden Ausführungen des SG Heilbronn ist darauf hinzuweisen, dass pharmazeutische Hersteller häufig bei seit langem etablierten Medikamenten, bei denen der Patentschutz abgelaufen ist, wohl aus Kostengründen kein aufwendiges Zulassungsverfahren bzw. Zulassungserweiterungsverfahren durchführen. Wenn in einer solchen Konstellation Arzneimittel off label eingesetzt werden, wobei der Einsatz allgemein anerkannt ist, kann dies aus unserer Sicht nicht zum Entfallen eines Vergütungsanspruchs führen. Die strikte Anwendung der primär für den ambulanten Bereich entwickelten Rechtsprechung des BSG zum off label use, die an die arzneimittelrechtliche Zulassung anknüpft, ohne zu fragen, ob der off label use allgemein anerkannt ist, kann in solchen Konstellationen nicht überzeugen.

 

Für weitere Informationen: Dr. Till Flachsbarth